Historie

Chronik Burg Pirna / Schloss Sonnenstein

10. Jahrhundert Slawische Besiedlung

13. Jahrhundert

um 1200 Vermutliche Gründung der Burg (Gründer wahrscheinlich Dietrich der Bedrängte)
1233 Erste urkundliche Erwähnung Pirnas, Stadtrecht zw. 1234-1245
1269 erste urkundliche Erwähnung der Burg "in castro nostro Pirne" in einer Urkunde des Meißner Markgrafen Heinrich des Erlauchten
1291 Stadt und Burg Pirna werden bischöflich - meißnisch
1293-1405 im Besitz der Wenzelskrone (böhmisch)

14. Jahrhundert

1348  Karl IV. erstmalig in Pirna, weilt wiederholt auf der Burg (ab 1355 – 1378 röm. dt. Kaiser
1351 Fürstentag auf der Burg
1372 Vertrag von Pirna, erste Grenzregelung zw. Kgr. Böhmen und Mark Meißen
1379 erstmalige Erwähnung „sloss Pirn“

15. Jahrhundert

ab 1405 im Besitz des Meißner Markgrafen Wilhelm I, später ständiger Besitzwechsel, kurz danach kommt Bezeichnung „Sonnenstein“ auf
1429 starkes Hussitenheer unter Prokop erscheint vor Pirna, unternimmt jedoch keinen Angriff
1450 im Schloss sind 40 bis 50 Personen anwesend, darunter 15 Burgmannen mit ca. 20 Pferden
1453 böhmischer Anschlag auf Schloss misslingt
1459 Großes Turnier im Schlosshof
1470–1473 Neubau der Kemnate, zeitweiliger Bauleiter: Arnold von Westfalen
1486 verheerender Brand des Schlosses, schleppender Neuaufbau

16. Jahrhundert

1544 Herzog Moritz setzt Schloss Pirna in besseren Verteidigungszustand, beginnender Umbau zum „festen Hause“ (1545-1548), wachsende Strategische Bedeutung
1546-1547 Belagerung des Schlosses im Schmalkaldischen Krieg
1570-1573 Neubauprojekt unter Kurfürst August durch Rochus Graf zu Lynar
1588 ff. Kurfürst Christian I. hält auf dem Schloss mehrere Jagdlager ab

17. Jahrhundert

1604 Errichtung des Lusthauses im Schlossgarten durch den Baumeister Melchior Brenner
1636 erfolgreiche Verteidigung gegen die Schweden im Dreißigjährigen Krieg
1639 (23.04.-24.09.) Festungsbesatzung unter Kommandant von Liebenau widersteht
1640-1645 umfangreiche Wiederherstellungsarbeiten, Bau neuer Verteidigungswerk - Erdaußenwerk, dritter Graben
1668/1685 Ausbau zur Festung
1678 Fertigstellung des Hauses der "Schloßschänke"
1683-1685 Fertigstellung der nördlichen Zwingermauer

18. Jahrhundert

1700-1756 "Alte Kemenate" diente als Staatsgefängnis
um 1705 Verlängerung des Ausfallstufenweges nach der Stadt
1706 im Nordischen Krieg erhält die Festung 800 Mann Fußvolk und eine Abteilung Dragoner als Besatzung
1737-1740 weiterer Ausbau zur Festung, Errichtung Garnison (heutiger „Elbflügel“) - Bau der Elbkaserne nach Entwurf J. de Boldts
1752-1755 Canaletto malt die berühmten Ansichten von Pirna und dem Sonnenstein
1756 von preußischen Truppen besetzt
1758 nach zwölfstündiger Beschießung Kapitulation der preußischen Besatzung
1764 Wehranlagen durch preußische Truppen unbrauchbar gemacht und Streichung des Schlosses Sonnenstein von der Liste der Landesfestungen. Auf Anweisung des kursächsischen Administrators Prinz Xaver wird der Sonnenstein als Festung aufgegeben.
1764-1810 Wohnstätte für pensionierte Offiziere, Soldaten und deren Familien sowie Vorratslager
1786 die Stadt nimmt die Schlossschänke vom Staatsfiskus in Erbpacht

19. Jahrhundert

1811-1939 Eröffnung der Heil- und Pflegeanstalt für psychisch kranke und geistig behinderte Menschen, berühmtester erster Direktor: Ernst Gottlob Pienitz (bis 1851), Anstalt erlangt in der ersten Hälfte des 19. Jh.s internationales Ansehen
1813 Vertreibung der Kranken auf Befehl Napoleons und Reaktivierung der Festung durch die Franzosen, Zerstörung der Gärten am Schlosshang
1826 Eröffnung der Genesungsanstalt
1855-1875 Neubauten in der Heilanstalt
1862 Abbruch der baufälligen "Alten Kemenate" oberhalb der Schlossschänke
1890-1913 großzügige Erweiterung der Anstalt, Umgestaltung des Schlossbereiches

20. Jahrhundert

um 1902 Bau einer Anstaltskirche im Park
1905-07 Neugestaltung Schlosshofareal und Errichtung „Kreistagsflügel“, Architekturbüro Schilling & Graebner, Dresden
1911 Bau des Canalettoweges, welcher zur Stadt führt
1939 Auflösung der Heil- und Pflegeanstalt durch Erlass des sächsischen Innenministers, Verlegung der Patienten
1940-1941 Einrichtung einer Euthanasie-Tötungsstätte durch die Nationalsozialisten im hinteren Bereich des Schlossparks (ca. 15.000 vorwiegend kranke und geistig behinderte Menschen wurden hier ermordet)
1941-1945 Adolf-Hitler-Schule Gau Sachsen, Reichsverwaltungsschule
1945-1949 Flüchtlingslager, Quarantänelager für entlassene Wehrmachtsangehörige, Landratsamt Pirna und Polizeischule (bis 1954)
1949-1953 Schule der Kasernierten Volkspolizei in fast allen ehemaligen Anstaltsgebäuden
1954-1991 betriebliche Nutzung großer Teile des ehemaligen Anstaltsbereiches durch den Industriebetrieb Strömungsmaschinen Pirna
seit 1991 Werkstatt für Behinderte und Förderschule für geistig behinderte Kinder und Jugendliche im Schlossbereich (bis 1997), Nutzung der übrigen Gebäude für gewerbliche Zwecke und Verwaltungsbereiche

21. Jahrhundert

2009-2011 Sanierung und Umbau des Schlosses zum Verwaltungsgebäude
Dezember 2011 Eröffnung Landratsamt des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge
-Im Schlosskomplex befindet sich nach wie vor die Schlossschänke-

Quelle, u. a.: "Neuer Glanz für Pirnas Krone", Edition Sächsische Schweiz, 2011, S. 49 - 50

 

Besitzer der Burg Pirna im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit

Hätte der Meißner Markgraf Heinrich der Erlauchte 1269 der Kapelle auf seinem Schloss Pirna nicht urkundlich 5 Mark Silber aus dem Elbzoll zugewiesen, müsste ein dreiviertel Jahrtausend später eine andere Ersterwähnung der Burg Pirna zu Grunde gelegt werden. Wäre Heinrichs (+ 1288) Verwandtschaft über sein Erbe nicht gewaltsam aneinandergeraten und dadurch knapp bei Kasse gewesen, hätten sie die Burg Pirna 1291 nicht für 3000 Mark Silber an den Bischof Bernhard von Meißen verkaufen müssen. Aber auch dieser benötigte Geld bald dringender als eine Burg und veräußerte seinen Neukauf schon 1293 an den Böhmischen König Wenzel II.  In den zwei Jahren war der Preis der Burg um satte 30 % auf 4000 Mark Silber hinaufgeschossen, der Bischof betrieb also eine sehr erfolgreiche Immobilienspekulation.

Wenzel und seine royalen Nachfolger erfreuten sich in den nächsten gut hundert Jahren einer so hohen Prosperität, dass sie nicht zum Wiederverkauf Pirnas genötigt waren. Im Gegenteil genoss Pirna besonders unter Kaiser Karl IV. (er regierte 1347/1349 - 1378) besondere Aufmerksamkeit und Förderung. Nicht zuletzt die Bestätigung umfangreicher Privilegien in einer Urkunde Karls für Pirna von 1359 resultierte aus seinem Bestreben, sich in Pirna einen finanzkräftigen Stützpunkt dauerhaft zu sichern.

Aber unter Karls Sohn Wenzel IV. geriet die böhmische Krone ab 1378 ihrerseits in eine Lage wie das Haus Wettin 100 Jahre zuvor. Da Wenzel von seinen Aufgaben überfordert war, mit einer Adelsopposition und innerfamiliären Zerwürfnissen zu kämpfen hatte und darüber hinaus mehrfach in die Gefangenschaft seiner Feinde geriet, stieg sein Finanzbedarf sprunghaft an. So sah er sich gezwungen, Pirna 1405 an den tatkräftigen Meißner Markgrafen Wilhelm I. für 3000 Schock böhmischer Groschen zu verpfänden. Da er sich auch nach einem Jahr nicht zur Einlösung seines Pfandes im Stande sah, verblieb Pirna von nun an dauerhaft dem Haus Wettin bzw. bei Sachsen. Ob 3000 Schock böhmischer Groschen mehr oder weniger wert als 4000 Mark Silber sind, und ob entsprechend eine Seite einen Gewinn aus dem Wiederverkauf Pirnas zog, lässt sich freilich nicht mehr sagen.

Als der Sonnenstein zum ersten Mal Verwaltungssitz war

Während viele wissen, dass die Gebäude in ihrer langen Geschichte unter anderem eine Festung und eine Heilanstalt beherbergten, ist weniger bekannt, dass sie auch schon zweimal als Verwaltungssitz gedient hatten.

Den wettinischen Landesherren war ihr Pirnaer Schloss als Verwaltungssitz sogar sehr bedeutsam gewesen. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts verschmolz die Pflege Pirna mit verschiedenen Randgebieten zum großen Amt Pirna. Seit dieser Zeit war das Pirnaer Schloss Sitz des Amtes und blieb es fast 200 Jahre. Der im Kemnatengebäude residierende Amtshauptmann war der Verwalter des Amtes mit richterlichen und militärischen Aufgaben. Dagegen ging die wirtschaftliche Verwaltung in immer stärkerem Maße in die Hände der Schösser über, die hier seit den 1470er-Jahren nachweisbar sind.

Eine wichtige Aufgabe des Schössers war die Bewahrung und Kontrolle des kurfürstlichen Eigentums. Das Amtshaus, die Schösserei, befand sich im 1470 erbauten mächtigen Lundenturm, dem größeren der beiden Burgtürme. Dagegen diente der Grunewaldt als Amtsgerichtsgefängnis, in dem sich beispielsweise 1529 der durch ein wüstes Fehdeleben berüchtigte Nickel von Minckwitz in Gewahrsam befand. 1647 ließ Festungskommandant von Liebenau das Amt in das Haus Markt 12 verlegen, um das zivile Element aus der Festung herauszuhalten. Es dauerte dann drei Jahrhunderte bis zur kurzen Episode der Nutzung des Gebäudes als Landratsamt in den Jahren 1948/49. Begehrlichkeiten anderer Institutionen erzwangen jedoch bald die Verlegung der Behörde in die Zehistaer Straße. 2011 bezog das Landratsamt Sächsische Schweiz-Osterzgebirge auf dem Sonnenstein den restaurierten Elb- und Stadtflügel.

Von Dr. Boris Böhm