2019: Jubiläum 750 Jahre Burg Pirna
Grenzburg – Landesfestung – Heilanstalt: Die wechselvolle Geschichte der Pirnaer Burg
Am 5. Dezember 1269, wurde die Pirnaer Burg in einer Urkunde des Meißner Markgrafen Heinrich des Erlauchten erstmals erwähnt. Im Mittelalter war sie eine für Böhmen und die Mark Meißen bedeutsame Grenzburg. Die sächsischen Kurfürsten ließen diese seit der Mitte des 16. Jahrhunderts zu einer der wichtigsten sächsischen Landesfestungen ausbauen. 1811 wurde auf dem Festungsareal die erste bedeutende deutsche Heilanstalt für psychisch kranke Menschen gegründet. Die umfangreichen Neubauten aus der Zeit der Heilanstalt bestimmen das Bild des Sonnensteins bis heute.
Schirmherr Landrat Michael Geisler lud am 08.11.2019, 18:00 Uhr, auf Schloss Sonnenstein in den Kreistagssaal ein, mehr über „Castrum Pirne“ zu erfahren.
Historiker Dr. Boris Böhm erzählte die wechselvolle Geschichte der Pirnaer Burg. Er spannte den Bogen vom Mittelalter über das barocke Zeitalter bis hin zur Auflösung der Festung im Jahr 1813 und nahm die Zuhörer mit auf eine Reise in die neuere Zeit bis in die Gegenwart.
Kolloquium am 17. und 18.05.2019
Hätte Markgraf Heinrich 1269 der Kapelle auf seinem Schloss Pirna nicht 5 Mark Silber aus dem Erbzoll zugewiesen, müsste ein dreiviertel Jahrtausend später eine andere Ersterwähnung der Burg Pirna zugrunde gelegt werden. Auch in den folgenden Jahrhunderten gab es, meist wegen knapper Kassen, regelmäßig Eigentümerwechsel auf der Burg. Was sich neben Grundstückshändeln in den 750 Jahren seit der Ersterwähnung der Burg Pirna am 05.12.1269 noch alles ereignet hat, wurde von Referenten aus Tschechien und Deutschland in einem Kolloquium am 17. und 18.05.2019 im Kreistagssaal des Schlosses Sonnenstein in Pirna sehr anschaulich demonstriert. Die Veranstaltung stand unter der Schirmherrschaft des Landrates Michael Geisler.
Deutsche und tschechische Referenten nahmen die interessierten Gäste mit auf eine Zeitreise vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Vorträge waren u. a. zu den Anfängen von Burg und Stadt Pirna zu hören, im Zusammenhang mit der Herstellung von Tabakpfeifen wurde die frühe grenzüberschreitende wirtschaftliche Kooperation zwischen Sachsen und Nordböhmen dargestellt, es erfolgten Betrachtungen der Architektur, der Festkultur und der militärischen Nutzung der Burg. Die Burg war Anlaufpunkt für böhmische Glaubensflüchtlinge im Dreißigjährigen Krieg oder Festungsgarnison zwischen Dreißigjährigem und Siebenjährigem Krieg im 17. und 18. Jahrhundert sowie Staatsgefängnis. Den Abschluss bildete ein sehr interessanter Vortrag zum Ausbau des Schlosses Sonnenstein zum Landratsamt in den Jahren 2009 bis 2011.
Als Referenten konnten neben den tschechischen Gästen Herr Dr. Westphalen vom Landesamt für Archäologie, Herr Dr. Kälble von der Sächs. Akademie der Wissenschaften, der Historiker, Herr Martin Wittig, Herr Dr. Bitterlich von der Festung Königstein, Herr Dr. Matesch von der IGSGV, Herr Dr. Böhm von der Gedenkstätte Sonnenstein, Frau Tonert vom Sächsischen Staatsarchiv und Herr Dr. Pinkwart vom Landesamt für Denkmalpflege begrüßt werden.
Während und nach dem Kolloquium bestand am Freitag für alle Teilnehmer die Möglichkeit, die zum Thema passende Ausstellung im Lesesaal des Archivverbundes zu besichtigen, bei der auch das Faksimile der Kaiserurkunde mit der Ersterwähnung der Burg Pirna zu sehen war.
Das Event und die Ausstellung wurden in grenzüberschreitender Zusammenarbeit mit dem Kreisarchiv Děčín durchgeführt und u. a. gefördert durch das „Kooperationsprogramm zur Förderung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit zwischen dem Freistaat Sachsen und der Tschechischen Republik 2014 - 2020“ (www.sn-cz2020.eu) im Rahmen des Kleinprojektefonds in der Euroregion Elbe/ Labe gefördert.
Rückblick auf die Themen und Referenten des Kolloquiums:
17. Mai 2019
Älter als 750 Jahre - die erste Burg von Pirna | Dr. Thomas Westphalen, Landesamt für Archäologie |
Anfänge von Burg und Stadt Pirna | Dr. Mathias Kälble, Sächsische Akademie der Wissenschaften |
Tabakpfeifen aus Pirna und Mikulasovice / Nixdorf | Jan Němec, Staatliches Kreisarchiv Děčín |
Die Anfänge der Grenzziehung zwischen Böhmen und Sachsen im rechtselbischen Teil des Elbsandsteingebirges | Vojtěch Vaněk, Staatliches Kreisarchiv Kutná Hora |
Grenzzeichen im Gebiet der böhmischen Schweiz | Natalie Belisová, Nationalpark Böhmische Schweiz |
Die Anfänge der Festungen Königstein und Sonnenstein im 17. Jahrhundert - Eine Betrachtung der Architektur, Festkultur und militärischen Nutzung | Dr. Marcus Bitterlich, Festung Königstein |
18. Mai 2019
Die Elbe und ihre Rolle als Verkehrsader an der böhmisch-sächsischen Grenze während des 30jährigen Krieges | Michael Plavec und Marek Durčanský, Nationaltechnisches Museum Prag |
Böhmische Glaubensflüchtlinge in Pirna im Dreißigjährigen Krieg | Dr. Frank Metasch, Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde |
Die Sonnensteiner Festungsgarnison zwischen Dreißigjährigem und Siebenjährigem Krieg | Dr. Boris Böhm, Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein |
"in sein Arrest honet zu halten" - Die Festung Sonnenstein als Staatsgefängnis | Andrea Tonert, Sächsisches Staatsarchiv |
Die Grenze des Friedens - Grenzüberreichende Beziehungen zwischen der DDR und der Tschechoslowakei 1949 - 1990 | Petr Karlíček, Archiv der Stadt Ústí nad Labem |
Ausbau des Sonnensteins zum Landratsamt | Dr. Ralf-Peter Pinkwart, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen |
Schon von Weitem ist das Schloss Sonnenstein auszumachen. Die historische Festungsanlage thront auf dem letzten linkselbischen Ausläufer der Sächsischen Schweiz. Unmittelbar über dem historischen Ortskern gelegen, prägt der heutige Verwaltungssitz des Landkreises das Antlitz der Sandsteinstadt.
Das Schloss Sonnenstein kann auf eine ereignisreiche Historie zurückblicken: Am 5. Dezember 1269 wurde die Pirnaer Burg erstmals urkundlich erwähnt. Der Prachtbau war im Mittelalter eine bedeutsame Grenzburg. Die sächsischen Kurfürsten ließen die Gebäudeanlage seit dem 16. Jahrhundert zu einer wichtigen sächsischen Landesfestung ausbauen. Den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreichte die Festung zwischen 1670 und 1740.
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war auf dem Sonnenstein das neben dem Königstein bedeutendste sächsische Staatsgefängnis untergebracht. Nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges wurde der Sonnenstein mit Ausnahme einer Episode in der Zeit der napoleonischen Kriege nicht mehr als Festung genutzt.
Im Jahre 1811 wurde auf dem Festungsareal die landesweit erste größere Heilanstalt für psychisch kranke Menschen gegründet, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts europäischen Ruhm erlangte. Nach der Auflösung der Heilanstalt 1939 begann das furchtbarste Kapitel in der Geschichte des Sonnensteins: 1940 und 1941 wurden in den Räumen der heutigen Gedenkstätte etwa 15 000 vorwiegend psychisch kranke und geistig behinderte Menschen in der von den Nationalsozialisten eingerichteten Tötungsanstalt ermordet.
In den Nachkriegsjahren befanden sich auf dem Sonnenstein ein großes Flüchtlingslager und eine Polizeischule. Erst 1991 wurden große Teile des ehemaligen Anstaltskomplexes der Öffentlichkeit zugänglich. Nach einer umfangreichen Sanierung zog 2011 das Landratsamt Sächsische Schweiz-Osterzgebirge in das Schloss Sonnenstein ein, wo auch heute noch Verwaltung und Kreistag ihren Sitz haben.
Quelle: DNN vom 12.03.2019 www.dnn.de/Region/Umland/Pirna-feiert-750-Jahre-Schloss-Sonnenstein